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21.12.2021 Pressemitteilung

Um­wid­mungs­rausch am Wör­ther­see

Schild mit Text: "Schneeburgen statt Betonburgen" auf Schneefeld

Bevor das neue Kärntner Raumordnungsgesetz mit Jänner in Kraft tritt, sollen in Pörtschach in einer Gemeinderatssitzung am 22.12. mehrere Hektar Grünland in Seenähe umgewidmet werden. Darunter ein Grundstück des Vizebürgermeisters Klaus Köfer (ÖVP). Es befindet sich direkt neben dem Buberlemoos, einem bekannten Feuchtgebiet, das einer künstlichen Lagune weichen soll. Der Vizebürgermeister und sein Mitwerber haben sich Baugenossenschaften an Bord geholt, die Vorverträge wurden schon 2018 geschlossen, bevor sich Klaus Köfer politisch engagiert

Gemeinderäte haften für Entscheidung.

Beschließt der Gemeinderat, in dem die ÖVP die absolute Mehrheit hat, am 22.12. die Umwidmung, vervielfache man den Wert dieser Liegenschaft, erklärt Gabriele Hadl, Gemeinderätin der Grünen. „Und im Gegenzug soll der ganze Ort plus Gäste auf neun Betonklötze und einen Lärmschutzwall schauen? Versteht man das unter Gemeinwohl?“

Das findet auch Erich Göbel, Gemeinderat der Grünen und Obmann des Kontrollausschusses. „Die Bürgermeisterin und die Bauträger versprachen vor einem Jahr Großteils geförderte Mietwohnungen, für die die Gemeinde ein Vergaberecht hat. Die Gemeinde habe keine Kosten, sie brauche nur umzuwidmen. Wir waren von Anfang an skeptisch und verlangten, dass sich die Gemeinde mit Verträgen absichert. Jetzt heisst es plötzlich, damit wenigstens am halben Areal Mietwohnungen gebaut werden, muss die Gemeinde Grünland zum Baulandpreis vom Vizebürgermeister kaufen?”

Hadl führt aus: “Drei Arbeitstage vor der Gemeinderatssitzung kommt ein Dokument zum Kauf eines Grundstücks zu unklaren Preisen und Konditionen. Gemeinderatsmitglieder, die das absegnen, haften dafür – ich kann hier nicht guten Gewissens zustimmen.

Flut an Einwänden gegen Teilbebauungsplan.

Obwohl sich ÖVP und SPÖ im Gemeinderat einig sind, stößt das Projekt seit Langem auf Widerstand. Im Wahlkampf wurde es von mehreren Parteien kritisiert. Im Sommer haben 11% der Wähler:innen ein Gemeindevolksbegehren gegen kommerzielle Umwidmungen unterschrieben. Der Teilbebauungsplan wurde im Herbst kundgemacht, doch Irregularitäten (u. a. eine verweigerte Akteneinsicht) wurden der Gemeindeaufsicht des Landes angezeigt[1].

Neun Bürger:innen brachten gültige Einwände gegen den Teilbebauungsplan ein (einige weitere wurden wegen Formfehlern zurückgewiesen). Sie kritisierten auf insgesamt 23 Seiten u.a. das Verkehrsaufkommen, Störung des Ortsbilds, mangelnde Transparenz und Bodenversiegelung. Touristiker:innen zitieren Schaden für ihr Geschäft durch Verbauung des letzten ungebrochenen Seeblicks vom Radweg. Anrainer:innen weisen auf Hochwasserprobleme hin. Zusammengenommen zeigen die Einsprüche mehr als 15 Widersprüche zu Gesetzen und Verordnungen auf.

Besonnen agieren, zuerst Leerstandsmanagement umsetzen.

„Es spielt also keine Rolle, ob das neue oder das alte Raumordnungsgesetz herangezogen wird. Aus Gemeindesicht gibt es keinen Grund, überhastet umzuwidmen. Wie können wir wertvolle Ackerböden schützen, Lebensqualität bieten und Zweitwohnsitze verhindern? Wir haben wirklich schon genug Baustellen”, appelliert Hadl.
Sie verweist auf zahlreiche Projekte für umweltfreundliches und sozial verträgliches Wohnen. „Wir haben mehrere Hektar ungenutztes Bauland. Viele Wohnungen stehen leer, sogar in Genossenschaftsbauten, und Bevölkerungszuwachs haben wir praktisch keinen. Wir Grünen fordern seit Jahren renovieren und aktivieren statt zubetonieren. Leerstände müssen verringert und Bürger:innen mitreden dürfen bei der Ortsentwicklung. Erst wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, kann man über in-die-Wiese-Bauen nachdenken.“

 

[1] Kleine Zeitung (21.11.2021)

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